Gewaltfreier Umgang mit Herausforderungen in der Schule

Konflikte zwischen Schüler:innen und Lehrenden in der Schule lassen sich auf unerfüllte Bedürfnisse zurückführen. Was brauchen Lehrende, um ihre eigenen Bedürfnisse ebenso wie die Bedürfnisse der Kinder in den Blick zu nehmen? Wie kann die Gewaltfreie Kommunikation dabei unterstützen? Ein Erfahrungsbericht.

Marina Stege

Ich habe Pädagogik studiert, zwei Kinder in ihr selbstständiges Leben begleitet, unterrichte in der Schule, lehre an der Uni Kiel in der Sozialpädagogik ebenso wie im Lehramt und gebe Trainings in Gewaltfreier Kommunikation. Die Frage nach der Erziehung, wie sie aussehen soll, ob es sie überhaupt braucht, ob sie uns eher nützt oder schadet, treibt mich dabei seit 35 Jahren um. Mir steht immer mehr die Absurdität vor Augen, dass wir an unseren Kindern herumerziehen, so als wollten wir an einer Pflanze ziehen, damit sie schneller und höher wächst.

In der Haltung der Gewaltfreien Kommunikation übe ich mich darin, mich mit all meinen authentischen Gefühlen und Bedürfnissen in die Beziehung zu meinen Kindern, Schüler:innen und Student:innen einzubringen und vertraue darauf, dass sie an lebendiger und ehrlicher Auseinandersetzung wachsen und genau das lernen, was für sie in diesem Moment wichtig ist. Dabei ist mir Verbindung in Gleichwürdigkeit wichtig, die eine Kommunikation von Mensch zu Mensch auf Augenhöhe ermöglicht.

Verzichte auf ein Denken in Richtig und Falsch

Für die Gleichwürdigkeit bedarf es einer Haltung, in der ich das Handeln meiner Mitmenschen nicht in Richtig und Falsch einteile. Hierbei handelt es sich um moralische Kategorien, die uns von den lebensdienlichen Bedürfnissen der Menschen trennen. Wenn ich in Richtig und Falsch urteile, wird es schwer, die guten Gründe der anderen zu sehen und sich darüber zu verständigen, wie eine Lösung aussehen kann, die die Bedürfnisse aller Beteiligten erfüllt. Will ich recht haben, bin ich mit meinen Gedanken identifiziert. Dabei fehlt mir der Zugang zu meinen Gefühlen und die Sicht auf die menschlichen Bedürfnisse ist versperrt.

Wenn ich etwas beobachte, was andere tun, kann diese Beobachtung in mir heftige Gefühle auslösen. Ich stelle mich jedoch nicht über die andere Person und urteile nicht über sie. Höchstwahrscheinlich habe ich (Vor-)Urteile dieser Person gegenüber. Diese mache ich mir bewusst und trete innerlich einen Schritt davon zurück, um sie mir anzuschauen. Dann verbinde ich mich mit den Gefühlen, die in mir lebendig sind und den Bedürfnissen, die dahinterstecken. Diese Selbstempathie hilft mir bei der Klärung dessen, was mir wichtig ist. Nun kann ich klarer sehen, welches Gefühl wodurch in mir ausgelöst wurde und was ich brauche. Vielleicht sehe ich auch schon einen Weg, dieses zu bekommen.

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