Jede Krise verschärft die Situation von Frauen
Ein Kommentar von Susanne Mierau
»Krisen verstärken alle existierenden Ungleichheiten. Dies trifft auch auf die durch Covid-19 ausgelöste Krise zu. Frauen und Mädchen zählen in allen Gesellschaften zu benachteiligten Gruppen und sind aus diesem Grund von der Pandemie und ihren Folgen besonders hart betroffen.« erklärt UNWOMEN Deutschland. Das sehen wir in anderen Ländern, aber auch hierzulande hat die Pandemie besonders Frauen betroffen.
Blicken wir zunächst einmal auf die offensichtlichsten Zusammenhänge: den Anstieg von körperlicher und sexueller Gewalt in Familien: Eine Studie der TU München ergab, dass im Frühjahr 2020 drei Prozent der Frauen zu Hause Opfer körperlicher Gewalt wurden. Ein Problem, das sich durch die Krise noch verstärkt hat, aber ohnehin bei uns vorkommt mit einer steigenden Tendenz: Schon 2019 wurden 141.792 Opfer von Partnerschaftsgewalt polizeilich erfasst, ein Anstieg um ein Prozent, wobei 81 Prozent der von Partnerschaftsgewalt betroffenen Personen eben Frauen sind. Im selben Jahr wurden 117 Frauen von ihrem (Ex-)Partner getötet. Auch wenn wir in den Medien noch immer von »Familiendramen« lesen, handelt es sich bei diesen und anderen Tötungen um Femizide: Es sind gezielte Morde an Frauen. Während Frauen besonders Ziel von Gewalthandlungen (insbesondere durch Männer) sind, ist der Schutz für sie zu gering: Es gibt zu wenige Plätze in Frauenhäusern, jede zweite Frau, die einen Platz benötigt, muss abgewiesen werden und auch die Finanzierung der Plätze ist schwierig. In der Pandemie hat sich auch diese Situation zugespitzt.
Aber Gewalt gegenüber Frauen ist weit mehr als »nur« diese offensichtliche Gewalt. Gewalt meint jede Art der Ungleichbehandlung, Ungerechtigkeit und Benachteiligung, weil Gewalt immer im gesamten Kontext gesehen werden muss und sich verschiedene, auch kleine Aspekte von Gewalt gegenseitig beeinflussen. – Das wissen wir eigentlich aus unserer Betrachtung von Gewalt im Erziehungskontext schon. Gewalt gegenüber Frauen herrscht in unterschiedlichen Behandlungen und Benachteiligungen im Gesundheitsbereich, beispielsweise wenn Medikamente insbesondere an männlichen Probanden erprobt werden und daher bei Frauen andere Wirkungen zeigen – mit teilweise weitreichenden Folgen. Wenn medizinische Probleme wie PMS in der Forschung zu wenig berücksichtigt werden und schon Mädchen lernen, dass Schmerzen ausgehalten werden müssen oder sie sich bei der Menstruation nicht so anstellen sollen. Und im Geburtsbereich, wenn Frauen nicht die Unterstützung und Versorgung erhalten, die sie für ihr psychisches und physisches Wohl benötigen und in Krisenzeiten dies noch weiter zurückgedrängt wird.