Wir lernen, was wir wollen!

Das ABC erläutert zentrale Begriffe, die immer wieder im Zusammenhang mit Demokratischen Schulen genannt werden. (Teil 23)

Martin Wilke

W wie Wahlen

Wahlen sind ein zentraler Bestandteil der Demokratie. Wer für ein Amt oder Gremium gewählt ist, verfügt über eine größere demokratische Legitimation als jemand, der beispielsweise ernannt wurde, oder als ein Monarch, der seine Position durch Erbschaft erlangt hat.

Der Begriff »Wahlen« ist v. a. gebräuchlich, wenn es um Personen geht; bei Entscheidungen über Sachfragen oder über Verfahrensfragen spricht man hingegen von Abstimmungen.

Wahlen gibt es beispielsweise für die Versammlungsleitung der Schulversammlung, für Beauftragte, für Komitees, ggf. für die Richter:innen im Rechtssystem der Schule sowie dafür, wer überhaupt Mitarbeiter an der Schule sein darf. Darüber hinaus können Vertreter:innen für staatliche Gremien (Schüler:innenvertreter:innen auf kommunaler Ebene etc.) zu wählen sein oder welche drei Schulmitglieder das Stimmrecht der Schule in der EUDEC-Mitgliederversammlung wahrnehmen sollen. Auf der Ebene der Trägervereins wählt die Mitgliederversammlung insbesondere den Vereinsvorstand, mitunter aber auch Komitees auf Vereinsebene.

Wahlen erfolgen in der Regel nicht auf Lebenszeit, sondern jeweils für eine begrenzte Amtszeit. Diese kann ein Jahr, einige Monate oder wenige Wochen betragen, je nachdem um welches Amt es geht. Die Versammlungsleitung der Mitgliederversammlung wird nur für die jeweilige Sitzung gewählt. Eine kurze Amtszeit senkt die Hemmschwelle für potenzielle neue Bewerber:innen, sich zur Wahl zu stellen, und für die Wähler:innen, jemand noch Unerfahrenem eine Chance zu geben. Eine längere Amtszeit schreckt vielleicht einige potenzielle Bewerber ab, verspricht aber mehr Kontinuität.

Wer gewählt ist, hat einen Auftrag für die Dauer der Amtszeit, für die er gewählt ist. Dennoch sollte die Möglichkeit bestehen, einen Antrag auf Abwahl bzw. auf vorzeitige Neuwahl zu stellen, falls sich jemand in den Augen vieler Wähler:innen als Fehlbesetzung erweist. Um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass zuvor die Legitimation für eine ganze Amtszeit erteilt wurde, muss die Hürde für eine vorzeitige Neuwahl höher sein als für die eigentliche Wahl, also statt einer einfachen Mehrheit beispielsweise eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

Ansonsten gilt bei Ämtern, die ständig besetzt sein sollen, üblicherweise: Auch wenn die eigentliche Amtszeit abgelaufen ist, bleiben die Amtsinhaber:innen noch so lange im Amt, bis ein Nachfolger feststeht.

Wettbewerb

Wahlen werden vor allem dann nötig und spannend, wenn es mehrere Bewerber:innen um das gleiche Amt gibt, bzw. bei größeren Gremien, wenn es mehr Bewerber:innen als Plätze gibt.

Damit mögliche Herausforderer eine faire Chance haben, brauchen Kandidat:innen ausreichend Gelegenheit, sich vorzustellen. Wähler:innen brauchen, die Möglichkeiten, den Kandidat:innen Fragen zu stellen. Zur Vorstellung oder zu den Fragen kann gehören, welche Fähigkeiten und welche Erfahrung ein:e Bewerber:in mitbringt und ob er:sie bestimmte Dinge anders machen möchte als Vorgänger:innen oder Mitbewerber:innen.

Standard sollte sein, dass alle einzeln gewählt werden. Das gilt auf jeden Fall bei Mitarbeiter:innenwahlen. Wenn es pro Position nur eine:n Bewerber:in gibt – was z. B. bei der Wahl der Versammlungsleitung vorkommen kann -, kann jemand vorschlagen bzw. beantragen, dass alle im Block, also als Paket gewählt werden. Die Wahl darf allerdings nur dann im Block erfolgen, wenn niemand eine Einzelwahl möchte, da dem:r einzelnen Wähler:in sonst die Möglichkeit genommen wird, einigen Kandidat:innen zustimmen und andere abzulehnen oder sich bei ihnen zu enthalten.

Ähnlich wie bei einer Bundestagswahl können auch Demokratische Schulen eine Briefwahl abhalten. Das Prinzip ist dasselbe.

Artikel weiterlesen?

Kauf die aktuelle Ausgabe oder schließ ein Abo ab, um alle Ausgaben zu lesen.

Du bist bereits Abonnent oder hast das Heft gekauft und besitzt ein Benutzerkonto?