»Die Kinder dürfen einfach sein …«
In vielen Vereinen und Organisationen gibt es soziales und bürgerschaftliches Engagement rund um die Themen Bildung und Leben mit Kindern. In dieser Reihe werden einige davon vorgestellt.
Ein Interview mit Birgit Schulze Wehninck, Vorstand im Buchkinder Leipzig e. V.
Wie ist »Buchkinder Leipzig e. V.« entstanden und durch wen?
Es gab im Jahr 2007 eine Inszenierung, eine Plakatierung der Innenstadt für wenige Tage. Zu sehen war ein Bild-Text-Zitat aus der Geschichte eines Buchkindes: Ein Pirat, der ruft: »Nehmt Euch in Art …« – darunter stand als Adressierung »Buchkinderstadt Leipzig«.
Im Grunde war und ist es der Ruf der Kinder: Schaut her, was wir Euch mitzuteilen haben! Die innere Haltung der Erwachsenen, Kinder ernst zu nehmen, wird von den Kindern selbst eingefordert.
Es gibt reformpädagogische Ansätze aus den 1920er Jahren, wie die von Célestin Freinet, die an die Eigenständigkeit und Selbsttätigkeit der Kinder anknüpfen. Sie haben auch heute nicht an Aktualität eingebüßt. Die Buchkinder sind in der Aufbruchsstimmung in den Jahren nach der Politischen Wende in Leipzig entstanden. Der Pädagoge Ralf Uwe Lange hat in einem Wohnzimmer begonnen, mit Kindern zu arbeiten, Ende 2001 wurde der Verein mit weiteren Menschen gegründet. Der Buchkinder Leipzig e. V. kann heute also auf zwanzig Jahre Erfahrung zurückblicken.
Was ist das Ziel des Vereins?
Ziel unserer Arbeit ist es, in Kindern und Jugendlichen die Freude am eigenen Ausdruck zu wecken. Dieses geschieht über Text und Bild in einem schöpferischen, manchmal über Jahre andauernden und vielschichtigen Arbeitsprozess. Am Ende steht das fertige Buch als ein Ergebnis, welches den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit gibt, sich mit ihren eigenen Ideen und Sichtweisen zu zeigen. Dieses passiert im kleinen Kreis oder auch in der Öffentlichkeit wie zum Beispiel zu den Buchmessen in Leipzig oder auch Frankfurt, wo die Kinder und Jugendlichen ihre eigenen Geschichten vor einem ihnen unbekannten Publikum präsentieren. Als Raumgeber|in|y für eigene Erfahrungen ermöglichen wir den Kindern, Verantwortung für ihr eigenes Handeln und dessen Wirkung zu übernehmen. So erleben sich die Kinder und Jugendlichen als Teil einer Gesellschaft, zu der sie selbst etwas beitragen können.
Unser Anspruch ist es, möglichst viele Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrem sozialen, kulturellen oder ökonomischen Umfeld zu erreichen und der damit verbundenen Bildungsungerechtigkeit entgegenzuwirken. Neben der Kursarbeit am Nachmittag und der mobilen Druckwerkstatt kooperieren wir mit Schulen, Horten und Kindertagesstätten.
Wie erreichen Sie diese?
Die Kinder betreten einen Raum, der durch die bereitgestellten Materialien eine einladende und anregende Atmosphäre versprüht: Es gibt eine Werkstatt, die nach Farbe riecht, einen großen, alten Holztisch, Schreibmaschinen, unterschiedlichste Papiere, Linoleum, Druckwalzen, Ritzmesser, Stifte, Tusche, Nadel, Faden etc. Es gibt keine Aufgabenstellungen oder Anforderungen, die wir als Voraussetzung an die Kinder formulieren. Die Kinder dürfen einfach sein und ihren innersten Bildern und Bewegungen folgend eigene Ideen entwickeln und zu Papier bringen. Als Erwachsene begleiten wir die Kinder, fragen nach und unterstützen. Das ist ein sensibler Prozess der Hinwendung in einem von Vertrauen geprägten miteinander. Die Dialoge zeigen eine zurücknehmende und gleichzeitig offene Haltung des Erwachsenen zum Kind hin. Nur so ist es möglich als eine Art Geburtshelfer|in|y unterstützend hervorzubringen, was schon im Inneren der Kinder angelegt ist. Für die erwachsenen Begleiter:innen ist diese Vorgehensweise ein immerwährender Übungsweg, da wir mit unserer Lebenserfahrung doch allzu oft dazu neigen, den Kindern zeigen zu wollen, wie es »richtig« geht.
Was haben Sie bis jetzt erreichen können? Gibt es Meilensteine?
Mit den zwei Wirkungsstätten, dem Verein und seiner freien Bildungsarbeit und dem BuchKinderGarten konnte es über die Jahre gelingen, tragfähige Strukturen aufzubauen, die eine verlässliche Umsetzung unserer Arbeit ermöglichen. Das ist im freien Spiel und dem selbstgestellten Bildungsauftrag alles andere als selbstverständlich. Mittlerweile sind 60 Menschen über Festanstellung, Honorar, Praktikum und Ehrenamt mit der Umsetzung der Buchkinderidee in Leipzig verbunden. Ehemalige Buchkinder der ersten Generation kehren mittlerweile als junge Erwachsene über Praktika oder auch die Entscheidung, langfristig bei uns zu arbeiten, zurück.

Kursbetrieb in der Werkstatt des Buchkinder Leipzig e. V.
In 20 Jahren Buchkinderarbeit haben wir viele Tausend Kinder auf ihrem Weg zum eigenen Buch begleiten können. Dabei sind die Buchtitel, originalgrafisch in kleinen Auflagen von zehn bis zwanzig Stück in unserer Buchmanufaktur hergestellt und über den vereinseigenen Verlag veröffentlicht worden. Der mit dem Gregor International Calendar Award mehrfach ausgezeichnete Buchkinderjahreskalender wird – als Sprachrohr der Buchkinder – seit 2006 im gesamten deutschsprachigen Raum erfolgreich vertrieben. Das Sichtbarmachen der Ideen der Kinder ist hierbei ein zentrales Anliegen. Bedeutsame Ereignisse im Buchkinderjahr sind hier auch die Buchmessen in Frankfurt und – für die Kinder vor allem – Leipzig als Heimspiel mit eigenem Messestand und der Lesebühne des »Podiums Jüngster Autoren«.
Mehrere Auszeichnungen über die Jahre – jüngst das »Gütesiegel des Deutschen Verlagspreises« für eine hervorragende gesamtverlegerische Tätigkeit – zeugen von einer Wahrnehmung der Bedeutsamkeit der Buchkinderarbeit in der kulturellen Bildung.
Über unsere Ausstellungs- und Seminartätigkeit wurden die Impulse der Buchkinder begeistert aufgegriffen. Es gibt mittlerweile über 30 Buchkinderinitiativen , sie alle berufen sich mit ihrer Tätigkeit auf die Wurzeln in Leipzig. Auch international trifft die Idee vom textbildnerischen Ausdruck einen Nerv. In Zusammenarbeit mit den Goetheinstituten konnten wir über Workshops in Italien, Frankreich, Kenia, Südafrika und Polen ebenfalls Spuren hinterlassen.
Uns verbindet eine sehr besondere und langjährige Kooperation mit dem Kolumba, Kunstmuseum des Erzbistums Köln. Das Museum nimmt seit 2004 alle Bücher der Buchkinder in seinen Sammlungsbestand auf und integriert sie in seine Jahresausstellungen. So sind die Arbeiten kindlicher Kreativität selbstverständlich und gleichberechtigt neben denen der Erwachsenen in diesem Kunstmuseum sichtbar. Einmal im Jahr erleben und beleben die Vorschulkinder des Buchkindergartens die Ausstellung im Museum und lassen die Kunst auf ihre eigene Art in sich räsonieren.
Diese Zusammenarbeit mit entsprechenden Fragestellungen, zur Art der Vermittlung – also wie man diese Begegnungsräume im Museum gestalten kann – sowie Fragen an den Aufbau einer Kunstsammlung eines Museums, in welcher Werke von Kindern nicht fehlen dürfen, können wir aktuell mit einem gemeinsamen Forschungsprojekt der Bundeskulturstiftung vertiefen.
Seit acht Jahren betreiben wir unseren ersten BuchKinderGarten mit eigenem pädagogischem Konzept im frühkindlichen Bereich für insgesamt 119 Kinder. Auf Grundlage dieser Erfahrungen planen wir nun einen zweiten BuchKinderGarten im Verständnis eines inklusiven Modellprojektes in Leipzig.
Bei allem Erreichtem und den Entwicklungsperspektiven, die sich daraus ergeben; Es gibt einen zentralen Meilenstein, quasi als eine Art permanente Konferenz – das Wachhalten der Augenhöhe, das Ernstnehmen der Kinder! Ihr Ideenreichtum und ihre Ausdrucksvielfalt zeigen uns Erwachsenen ganz eigene und neue Betrachtungsweisen, die Welt zu verstehen. Das ist der eigentliche, wahre Schatz der Buchkinderarbeit. Sie ist Quelle und Inspiration zugleich.
Was erschwert Ihnen die Arbeit?
Die Gestaltungslust, die uns in unserem täglich Tun antreibt, impliziert selbstverständlich auch eine kritische Sicht auf verschieden Aspekte unserer Gesellschaft, in der wir leben. Da sind Reibungspunkte im Außen auch Ansporn. Wir haben uns mit unserer Arbeit in den Dienst der Kinder gestellt und bringen uns mit unserem erfahrungsbasierten Ansatz den aktuellen bildungspolitischen Diskurs ein. Dabei werden auch sicher wir an der einen oder anderen Stelle als Erschwernis wahrgenommen. Das gehört zum Spiel.
Was wirklich die Arbeit erschwert ist ein allgemein ansteigender bürokratischer Aufwand, die Zerteilung in Einzelvorgänge, Verordnungen, Vorschriften, Auflagen … Dabei gerät schnell das Gesamtvorhaben aus dem Blickfeld. Dieses zu verhindern, den Überblick zu behalten und trotzdem den Anforderungen gerecht zu werden, kostet Zeit, Kraft und bindet Energie. Die vergangenen Monate der Corona-Pandemie haben dieses Phänomen eher verstärkt.
Was uns zunehmend auffällt, ist allgemein die vordergründige Idee der Verwertbarkeit im Sinne einer Zweckmäßigkeit. Diese Sichtweise klammert wichtige Fragestellungen der menschlichen Entwicklung aus. Wenn ich Ihre Frage der Erschwernis an dieser Stelle umdrehen darf, würde ich mir im Bereich des Bildungsverständnisses etwas wünschen: Mut zur Absichtslosigkeit im Sinne einer Nichtverwertbarkeit menschlicher Fähigkeiten in Orientierung darauf, bei Kindern und Jugendlichen Lern- und Entwicklungsprozesse zu initiieren in Vorbereitung auf ein selbstbestimmtes Leben in einem sozialen Miteinander.
Schwer ist es auch die Anbindung der Organisation aus unternehmerischer Sicht. Ein gesellschaftliches Selbstverständnis im Hinblick auf die Ermöglichung – also auch Finanzierung der Bildungsarbeit ist noch nicht wirklich angekommen. Die Idee eines kulturellen Mehrwerts bildet sich nicht in den Bilanzen der Unternehmen ab. Das ist wirklich ein Problem. Ein Beispiel. Die Buchkinderkurse sind so sehr nachgefragt, dass wir einen Wartepool führen. Es wäre also eine logische Konsequenz mehr Plätze bereitzustellen. Je mehr Kinder wir aufnehmen, desto mehr Mittel, Raum, Materialien und personelle Ressourcen sind von Nöten. Das steht jedoch in einem diametralen Verhältnis zur Einnahmesituation. Unsere Beiträge sind nicht hoch genug angesetzt, teilweise erlassen wir diese sogar komplett. Der Erfolg in der Bildungsarbeit lässt sich nicht monetär abbilden und folgt damit anderen Gesetzmäßigkeiten als denen einer Marktwirtschaft. Für einen dynamisch-ausgewogenen und damit zukunftsfähigen Finanzhaushalt der Buchkinderarbeit – hier denken wir durchaus in Generationen – sind wir noch auf der Suche nach guten konzeptionellen Lösungen.
Gibt es aktuelle Probleme/Aufgaben/Herausforderungen, die Sie als Verein gerade versuchen zu lösen?
Bei allem, was wir uns ausdenken und für sinnvoll erachten: Es geht natürlich immer auch um die Frage, wie ermöglichen wir uns die Arbeit. Das ist eine herausfordernde Aufgabe. Uns beschäftigten immer stärker existenzielle Themen als Antwort auf ein immer rauer werdendes Klima äußerer Rahmenbedingungen. Auch das erschwert den Alltag und erweitert die Arbeitsfelder. Das näher zu beleuchten, wäre ein eigenes Feld der Betrachtung.
Nachdem wir nun auf zwanzig Jahre Buchkinder-Erfahrungsschatz zurückblicken dürfen, zeigen sich als eine Art Erntesituation spannende Entwicklungsperspektiven für die Zukunft. Hier möchte ich drei Vorhaben skizzieren.
Unser jetziger Standort der Werkstatt in der Alten Post in Leipzig-Lindenau steht mittlerweile auf sehr wackligen Beinen. Das Haus wurde durch ein börsennotiertes Unternehmen, einer Immobiliengesellschaft aus Österreich, übernommen. Uns wurde in deutlicher Art und Weise mitgeteilt, dass Miethöhe, Mietdauer und Auswahl der Mieter|innen|ys nach wirtschaftlichen und Eigeninteressen erfolgen wird. Wir konnten eine kurzfristige Verlängerung des auslaufenden Mietverhältnisses erwirken, aber leider keine mittel- oder langfristige Perspektive. Diese sehen wir nun im ehemaligen Trikotagewerk, ebenfalls im Stadtteil Lindenau. Wir verhandeln noch mit dem Eigentürmer und planen. Das Gebäude ist grundsaniert und die Etage für die Buchkinder offeriert vielfältige Optionen. Die langjährigen Erfahrungen aus der Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen können wir jetzt gestalterisch in der Architektur der Raumstruktur abbilden. Und auch hier wird der große alte Tisch in der Mitte stehen!
Der bereits erwähnte zweite BuchKinderGarten entsteht direkt auf dem Nachbargrundstück der Trikotage, – lediglich durch eine gemeinsame Wand getrennt. Die Herausforderung: Wie kann ein inklusiver Kindergarten gelingen, wenn die formalen Fördermöglichkeiten in Sachsen auf regel-, integrations- und heilpädagogische Einrichtungen beschränkt sind? Bildungsfragen sind immer auch gesamtgesellschaftliche Fragen. Mit einem angestrebten Modellversuch setzen wir bewusst auf die Wechselwirkungen.
Ich hatte es bei den Meilensteinen erwähnt. Die Buchkinderarbeit trifft einen Nerv der Zeit, es gibt viele Anfragen und ein großes Interesse an einer erweiterten Form der Umsetzung. Unter dem Arbeitsbegriff Buchkinder-Bildungswerkstatt möchten wir der Frage der Übertragbarkeit der Buchkindermethodik, und deren Veranschaulichung über Seminare und Fortbildungen nachdenken. Wer darf den Namen » Buchkinder« (dieser ist als Wortmarke eingetragen und geschützt) nutzen und wie kann eine uns verbundene Haltung im täglichen Tun gewährleistet sein, welche sich nur bei jedem einzelnen Menschen über eine reflektierte Praxis prozesshaft bilden kann.
Wie können Interessierte Sie unterstützen?
Menschen die sich unserer Idee verbunden fühlen, können unsere Arbeit auf verschiedene Art und Weise unterstützen.
Mit einer Spende ab 6 Euro monatlich können sie für uns als BuchkinderMäzen|innen|ys sehr nachhaltig wirksam werden. Diese regelmäßige Einnahme hilft uns, unabhängig von projektgebundenen Mitteln, unsere kontinuierliche Arbeit und die damit verbundenen regelmäßigen Ausgaben zu begleichen. Als Dankeschön gibt es dann zum Jahresende den Buchkinderjahreskalender und unsere Buchkinderpost, welche wir als Magazin einmal im Jahr herausgeben.
Wer hierüberhinaus als Privatperson oder auch als Unternehmen unsere Arbeit über spezielle Projekte mittragen möchte, findet eine passende Möglichkeit über den Austausch im persönlichen Gespräch mit uns.
Gerne nehmen wir auch individuelle Druckaufträge entgegen für die Herstellung einer anlassbezogenen Grafik, als Karte oder Plakat oder ähnlichem, die Text- und Bildzitate der Buchkinder lassen hier kaum Wünsche offen.
Die begeisterte Erzählung über uns oder die Verlinkungen über die bekannten Social-Media-Plattformen sind natürlich auch eine wunderbare Möglichkeit der Verbreitung unserer Ideen.
Welche Frage würden Sie gern gestellt bekommen und beantworten?
»Wie stellt ihr Euch der zunehmenden Digitalisierung unserer Lebenswelt, speziell auf den Bildungsbereich und die Buchkinderarbeit bezogen?«

Künstler:innengespräch in der Einzelausstellung »Der Ölzwerg« von Buchkind Lara im Kolumba Museum.
In der aktuellen Ausgabe unserer Buchkinderpost haben wir uns auf zwei Seiten der Buchmanufaktur gewidmet, also dem handwerklichen Arbeitsbereich des Vereins, den jedes Buchkinderbuch durchläuft. Das Analoge gehört – nicht nur – aber wesentlich zum Alltag. Die von der Ausstattung museal anmutende Werkstatt verbindet sich hier mit der Lebendigkeit und Frische kindlicher Fantasien. Ein Schmelztiegel.
Wir beobachten, dass das Handwerkliche und die damit einhergehende innere Angebundenheit an die eigenen Schöpfungsprozesse gute Voraussetzungen schaffen kann, um sich später auch in der digitalen Welt zu bewegen.
Digitalisierung ist kein pädagogisches Konzept, sagt Ralf Lankau, Professor für Mediengestaltung und Digitaldesign der Hochschule Offenburg . Eine aktuelle Studie Lesen im 21. Jahrhundert beschreibt sogar den negativen Zusammenhang zwischen Schüler:innenleistungen, ihrer Lesekompetenz und der Nutzungsdauer digitaler Geräte. Die Schnelllebigkeit und Vielfalt von Informationen verstärken die naheliegenden, oberflächlichen Betrachtungsweisen. Dabei geht es neben dem Verstehen von Zusammenhängen zunehmend darum, herauszufinden, welche der vielen umeinander konkurrierenden Wahrheiten die Richtigen sind und um die Erkenntnis, dass es auf diese Fragen nicht immer eindeutige Antworten geben wird. Um mich in dieser Welt orientieren zu können, muss ich innere Sortierprozesse in Gang setzen.
Es scheint also eher die Frage, wie wir uns die digitale Ausstattung mit den damit verbundenen Möglichkeiten zu eigen machen. Das wiederum hat mit einer sehr grundlegenden Fähigkeitenentwicklung zu tun. Wie gelingen die dazu notwendigen Lernprozesse? Der Neurobiologe Prof. Dr. Gerald Hüther, verweist hier auf eine interessante und unumstrittene Tatsache: Digitale Maschinen und Endgeräte mit ihren Algorithmen bis hin zur Künstlichen Intelligenz haben keine Bedürfnisse. Die aber sind in uns Menschen angelegt, wir können sie wahrnehmen und Vorstellungen und Willenskraft entwickeln, wie wir diese Bedürfnisse umsetzen. Diese Verbindung zum tiefsten, inneren, eigenen Kern ist für die menschliche und damit auch kindliche Entwicklung von unschätzbarem Wert. Das passive Konsumieren von Bildern und Texten beim Betrachten des Bildschirms unterdrückt jedoch diese elementaren menschlichen Bedürfnisse, wie das nach Verbundenheit und Nähe im sozialen Miteinander oder dass nach Gestaltungslust und Autonomie im Spiel. Gerald Hüther beschreibt dies als große Gefahr. Wenn wir hier nicht eingreifen, haben wir am Ende Kinder, die den digitalen Geräten, die sie bedienen, immer ähnlicher werden. Er appelliert nicht an die Medienkompetenz, sondern eine Begleitkompetenz der Erwachsenen, Kinder in ihrer Neugierde und in ihren Aktivitäten zu unterstützen. So erleben sie ihre Selbstwirksamkeit, das wachsendes Vertrauen in die eigene Wahrnehmung und eigenen Fähigkeiten und können weiterführende Fragestellungen entwickeln. In der Buchkinderarbeit geht es im Kern genau darum: Die Ermutigung eigene Schritte zu gehen. Diese werden durch uns Erwachsene im Dialog mit dem Kind von der ersten Idee bis zur Veröffentlichung ihres eigenen Buches behutsam begleitet. Die offene Werkstatt ermöglicht es, die komplexen Prozesse zur verstehen, alles ist sichtbar, die Abläufe erfahrbar und im wahrsten Sinne des Wortes be-greifbar.
Wenn Wendel, langjähriges Buchkind, den Leser|innen|ys seines Stachelplanetkuriers als Ergänzung einen tieferen Einblick in diesen komplexen Kosmos gewähren möchte, hat er mit dem Stachelplanet-Wiki eine digitale Plattform gefunden, wie sie adäquater gar nicht sein könnte.
SRBuchkinder Leipzig e. V.
Gründung: 2001
Sitz: Leipzig
Aktionsraum: Leipzig, bundesweit
Mitarbeiter:innenzahl: 60
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Buchkinder e. V.